In der modernen Finanzwelt hat sich eine neue Form der Unternehmensfinanzierung etabliert, die die traditionellen Grenzen zwischen Unternehmern und Investoren aufweicht: das Crowdinvesting. Anders als beim belohnungsbasierten Crowdfunding, bei dem Unterstützer ein Produkt oder ein Dankeschön erhalten, werden sie beim Crowdinvesting zu echten, wenn auch kleinen, Finanzpartnern. Es ist die Demokratisierung des Risikokapitals – ein Weg für eine große Anzahl von Privatpersonen, schon mit kleinen Beträgen in Start-ups und Wachstumsunternehmen zu investieren und im Erfolgsfall an deren Wertsteigerung zu partizipieren. Dieses Modell hat eine neue Brücke zwischen innovativen Ideen und privatem Kapital geschaffen.
Die Funktionsweise des Crowdinvesting ist auf spezialisierten Online-Plattformen zentriert, die als Vermittler und Marktplatz dienen. Ein junges Unternehmen, das Kapital für seine Expansion, Produktentwicklung oder Markteinführung sucht, präsentiert sich auf einer dieser Plattformen mit einem detaillierten Geschäftskonzept, Finanzplanungen und seinem Team. Interessierte Privatanleger können diese Projekte prüfen und sich entscheiden, einen Betrag zu investieren. Die Investitionssummen sind oft niedrig angesetzt, sodass man bereits mit wenigen hundert Euro einsteigen kann.
Ein entscheidendes Merkmal des deutschen Crowdinvesting-Marktes ist die Form der Beteiligung. Anleger erwerben in der Regel keine klassischen Unternehmensanteile wie ein Großinvestor. Die häufigste Form ist ein partiarisches Nachrangdarlehen. Das bedeutet, der Anleger gewährt dem Unternehmen einen Kredit (ein Darlehen), der im Falle einer Insolvenz nachrangig behandelt wird – man wird also erst nach allen anderen Gläubigern bedient. Im Gegenzug für dieses hohe Risiko erhält der Anleger eine Beteiligung am Gewinn oder, was häufiger der Fall ist, am Erlös, falls das Unternehmen erfolgreich verkauft wird (ein “Exit”).
Diese Form der Geldanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden, weshalb der Gesetzgeber klare Rahmenbedingungen zum Schutz von nicht-professionellen Anlegern geschaffen hat. Unternehmen, die auf diesem Weg Geld einsammeln, sind zu einem hohen Maß an Transparenz verpflichtet. Sie müssen potenziellen Investoren ein standardisiertes, leicht verständliches Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) zur Verfügung stellen. Dieses Dokument, meist nur wenige Seiten lang, fasst die wesentlichen Informationen und vor allem die erheblichen Risiken des Investments zusammen. Zudem gibt es oft gesetzliche Obergrenzen, wie viel ein Kleinanleger pro Projekt oder pro Jahr investieren darf, um ihn vor existenzbedrohenden Verlusten zu schützen. Die Online-Plattformen selbst agieren als regulierte Vermittler und unterliegen ebenfalls einer Aufsicht.
Die Chancen des Crowdinvesting liegen auf der Hand: die Möglichkeit, überdurchschnittlich hohe Renditen zu erzielen, wenn ein Start-up erfolgreich ist, und das gute Gefühl, innovative Ideen und junge Unternehmen aus der eigenen Region zu unterstützen. Die Risiken sind jedoch ebenso gewaltig. Das Totalverlustrisiko ist die wichtigste Regel: Der investierte Betrag kann vollständig verloren gehen, da die meisten Start-ups scheitern. Die Anteile sind zudem illiquide, das heißt, das Geld ist über viele Jahre gebunden und kann nicht einfach verkauft werden. Crowdinvesting ist und bleibt eine Form des Risikokapitals – mit allen damit verbundenen Chancen und Gefahren.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für diese Anlageform in Deutschland werden maßgeblich durch das Kleinanlegerschutzgesetz geregelt, das darauf abzielt, Transparenz zu schaffen und Investitionsobergrenzen festzulegen, um Verbraucher zu schützen.